Hochwasser- und Starkregenschutz
Die Flutkatastrophe im Juli 2021, die in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für massive Schäden sorgte, hat verdeutlicht, dass der Klimawandel auch vor Deutschland nicht Halt macht. Extreme Wetterlagen, in Form von Hitze, Dürre und Überschwemmungen können auch bei uns auftreten. Umso wichtiger ist es, auf solche Szenarien vorbereitet zu sein und die Gefahren vorab einschätzen zu können.
Hochwasser
Seien Sie sicher!
In den vergangenen Jahren hat die Bezirksregierung Arnsberg in Zusammenarbeit mit der Unteren Wasserbehörde sowie den Städten und Kommunen die potenziellen Gefahren analysiert und Hochwassergefahrenkarten erarbeitet. Auf dieser Grundlage können Sie Ihre persönlichen Risiken einschätzen und Vorsorge treffen.
Hochwassergefahrenkarten für Neunkirchen
Im Bereich der Gemeinde Neunkirchen wurden Karten für die Hauptgewässer Heller und Wildenbach erstellt. Die Hochwassergefahrenkarten für Neunkirchen zeigen, wo und wie hoch das Hochwasser stehen kann.
Gefahren- und Risikokarte Heller
Gefahren- und Riskokarte Wildenbach
Zum besseren Verständnis der Karten steht eine Lesehilfe zur Verfügung.
Aus den Hochwassergefahrenkarten erkennen Sie, ob Sie bzw. Ihr Verantwortungsbereich bei Hochwasser betroffen sein können (blaue Flächen). Die Karten zeigen allerdings nur die Gefahren durch Flusshochwasser, nicht die durch Sturzfluten, die bei Starkregen quasi überall und lokal sehr begrenzt auftreten können.
Die Karten gibt es jeweils für drei Szenarien.
• HQhäufig: Das Hochwasser tritt im Mittel alle 10 bis 25 Jahre auf, also relativ häufig.
• HQ100: Das Hochwasser tritt im Mittel alle 100 Jahre auf.
• HQextrem: Das Extremhochwasser tritt im Mittel seltener als alle 100 Jahre auf. Diese Hochwasser sind sogenannte „Jahrtausendhochwasser“: Sie sind selten, haben aber verheerende Folgen, wenn sich nicht alle Betroffenen durch Vorsorge- und Schutzmaßnahmen auf sie einstellen (zu möglichen Vorsorgemaßnahmen siehe unten). Ein „HQextrem“-Szenario zeigt auch auf, wie sich das Wasser ausbreiten kann, wenn etwa Hochwasserschutzanlagen versagen oder der Durchfluss unter einer Brücke nicht mehr gewährleistet ist.
Die Farbintensität der blau eingefärbten Flächen in den Karten zeigt die unterschiedlichen Wassertiefen an: Je dunkler das Blau, desto tiefer ist das Wasser an der überfluteten Stelle.
Hochwasser - Fragen und Antworten (FAQ)
Was muss ich tun, wenn mein Eigentum im Hochwassergebiet liegt?
Treffen Sie Vorsorge! Dies ist in Ihrem eigenen Interesse. Zudem besteht gemäß § 5 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) eine gesetzliche Verpflichtung für Jedermann, geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Sie sind unter anderem dafür verantwortlich, dass von Ihrem Eigentum kein Schaden für Andere oder die Umwelt ausgeht, etwa durch Treibgut (z. B. Lagerholz) oder auslaufendes Heizöl.
Auch als Eigentümer von Häusern oder Anlagen, die erst ab einem extremen Hochwasser betroffen oder die durch technische Hochwasserschutzmaßnahmen zunächst geschützt sind, sollten Sie vorsorgen. Die Gefahr etwa eines Dammbruchs oder der Verklausung (ein teilweiser oder vollständiger Verschluss eines Fließgewässerquerschnittes infolge angeschwemmten Treibgutes oder Totholzes) von Brücken und Durchlässen kann nicht ausgeschlossen werden. Im Vorfeld können Risiken oft mit einfachen Mitteln minimiert werden. Ist das Hochwasser einmal da, ist es hingegen für die meisten Maßnahmen zu spät.
Welche Maßnahmen zur Hochwasservorsorge soll ich treffen?
Die zu ergreifenden Maßnahmen hängen immer von der individuellen Situation ab: Von den möglichen Wegen des Wassers, der vorhandenen Bausubstanz und der Nutzung der Räume. Neben baulichen Maßnahmen ist es auch wichtig, sich organisatorisch vorzubereiten, etwa durch einen persönlichen Notfallplan. Sie sollten die bei entsprechenden Wetterwarnungen für Sie wichtigen Informationsquellen, z. B. Informationen über Wasserstände (Pegelabruf), kennen und nutzen.
Einen guten Überblick, auf was zu achten ist und welche Maßnahmen es gibt, liefert die
Hochwasserschutzfibel des Bundes.
Hilft mir bei Hochwasser die Feuerwehr?
Die Feuerwehr und andere Einrichtungen der Gefahrenabwehr müssen sich bei großen Ereignissen mit erster Priorität um die Rettung von Menschenleben oder den Schutz wichtiger Infrastruktureinrichtungen kümmern. Sie können nicht überall gleichzeitig vor Ort sein. Daher dürfen Sie sich auf die Hilfe durch die Feuerwehr (Keller auspumpen, Schutz Ihres privaten Eigentums etc.) bei Hochwasser nicht in jedem Fall verlassen.
Mein Grundstück liegt in einem „HQ100-Bereich“. Was bedeutet das?
Flächen, die laut Hochwassergefahrenkarte in einem HQ100-Bereich liegen, sind in der Regel als Überschwemmungsgebiet festgesetzt oder mindestens „vorläufig gesichert“. In festgesetzten sowie in vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten ist eine neue Bebauung oder eine bauliche Veränderung grundsätzlich untersagt. Für alle baulichen Maßnahmen sind wasserrechtliche Ausnahmegenehmigungen erforderlich.
Informationen darüber, ob Ihr Grundstück in einem festgesetzten oder in einem vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet liegt, erhalten Sie bei der zuständigen Unteren Wasserbehörde. Sie sind ebenfalls unter www.uvo.nrw.de (Kategorie „Wasser“) abrufbar. Wenn Sie in einem solchen Gebiet eine Ausnahmegenehmigung beantragen möchten, wenden Sie sich an die untere Baubehörde.
Ich möchte im HQ100-Bereich bauen. Ist das möglich?
Planen Sie auf einem Grundstück im vorläufig gesicherten bzw. festgesetzten Überschwemmungsgebiet einen Neu- oder Umbau, müssen Sie eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Eine Ausnahme darf nur genehmigt werden, wenn die Hochwassersituation nicht verschlechtert und zeitgleich für einen Ausgleich des in Anspruch genommenen Hochwasserrückhalteraums (Retentionsraumausgleich) gesorgt wird. Bauliche Anlagen müssen hochwasserangepasst ausgeführt werden. Daher müssen Sie in einem entsprechenden Antrag neben einer hochwasserangepassten Bauweise nachweisen, wie sich der Bau auf den Wasserabfluss auswirkt und wie der beanspruchte Hochwasserrückhalteraum zeitgleich ausgeglichen wird. Treten Sie dazu vor der Antragstellung mit der Baugenehmigungsbehörde der Unteren Wasserbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein in Kontakt und ziehen Sie einen mit hochwasserangepasstem Bauen vertrauten Architekten hinzu.
Ich möchte im HQextrem-Bereich bauen. Was muss ich beachten?
In Gebieten, die erst ab einem extremen Hochwasserereignis betroffen sind (HQextrem), dürfen Sie bauen. Beachten Sie aber, dass Schäden durch Hochwasser auch hier möglich sind, beispielsweise wenn ein Damm bricht oder der Durchfluss unter einer Brücke eingeschränkt ist. Solche Gefahren sind in „trockenen Zeiten“ schwer zu erkennen, auch gibt es aufgrund der Seltenheit der Ereignisse oft keine Erfahrungswerte. In HQextrem-Bereichen können die Schäden im Katastrophenfall jedoch besonders verheerend sein, wenn man sich in Sicherheit wiegt und nicht vorsorgt. Ein Blick in die Gefahrenkarten hilft, die Risiken vorausschauend zu reduzieren.
Strategien des hochwasserangepassten Bauens
Grundsätzlich gibt es drei Strategien des hochwasserangepassten Bauens:
• Ausweichen (etwa durch Aufständern des Gebäudes oder durch Verlagerung des
Gebäudes an eine Stelle außerhalb des Gefahrenbereichs)
• Widerstehen (durch stationäre oder mobile Schutzmaßnahmen am oder außerhalb
des Gebäudes, die das Eindringen des Wassers verhindern)
• Nachgeben (Zulassen einer definierten Flutung einzelner Gebäudeteile).
Achten Sie auch darauf, dass von Ihrem Gebäude oder Ihren Anlagen keine Gefahr ausgehen kann, etwa durch auslaufendes Öl oder Treibgut.
Starkregen
Die erwartete Zunahme von Starkregenereignissen mit dem fortschreitenden Klimawandel ist bereits statistisch nachweisbar und setzt sich fort. Von Starkregen spricht der DWD (Deutsche Wetterdienst) bei großen Niederschlagsmengen pro Zeiteinheit (Regenmengen ab 15 l/qm in einer Stunde oder ab 20 l/qm in sechs Stunden).
Starkregengefahrenhinweiskarte NRW
Das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) hat eine Starkregenhinweiskarte flächendeckend für Nordrhein-Westfalen (Starkregenhinweiskarte NRW des BKG) erstellt und im Oktober 2021 veröffentlicht:
"Starkregengefahrenhinweise in Nordrhein-Westfalen"
Allgemeine Hinweise zur Nutzung der Starkregengefahrenhinweiskarte NRW stehen hier zur Verfügung.
Die Starkregengefahrenhinweise stellen die Ergebnisse der Simulation von Starkregenereignissen für das Gebiet von Nordrhein-Westfalen (NRW) dar. Die Daten enthalten jeweils die maximale Wasserstandshöhe und die maximalen Fließgeschwindigkeit für ein seltenes und ein extremes Ereignis. Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage eines 3D-Modells (DGM1 NRW), den ATKIS/ALKIS-Daten NRW, KOSTRA-Daten des DWD und weiteren ergänzenden Geodaten berechnet. Diese landesweite Berechnung bietet einen Überblick über die Gefahrenbereiche von Starkregenereignissen für das Land NRW und kann für detailliertere Analysen als Basis dienen.
Starkregen - Fragen und Antworten (FAQ)
Was ist Starkregen?
Charakteristisch für ein Starkregenereignis ist eine meist kleinräumige Ausdehnung des Niederschlaggebiets. Daher ist oft nicht das gesamte Stadtgebiet von einem Starkregenereignis betroffen, sondern lediglich einzelne Ortsteile. Die Niederschlagsmenge, die in kurzer Zeit über den betroffenen Gebieten niedergeht, ist allerdings sehr groß. In der Folge kommt es häufig zu überfluteten Straßen und Grundstücken sowie vollgelaufenen Kellern, Unterführungen oder Tiefgaragen. Ebenso kann es zu einem sprunghaften Ansteigen des Wasserspiegels in den Gewässern kommen, was zu einem Hochwasser führen kann. Eine einheitliche Definition für ein Starkregenereignis existiert nicht. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt beispielsweise in zwei Stufenvor Starkregen.
• Markante Wetterwarnung:
wenn 15 bis 25 mm Niederschlag in einer Stunde vorhergesagt sind, oder 20 bis 35 mm in sechs Stunden fallen sollen.
• Unwetterwarnung:
wenn mehr als 25 mm Niederschlag in einer Stunde, oder mehr als 35 mm in sechs Stunden vorhergesagt werden.
Wann tritt Starkregen auf?
Starkregen tritt typischerweise in warmen Sommermonaten auf. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Trifft die warme Luft mit kalter Luft zusammen, kondensiert die Feuchtigkeit schlagartig und ergießt sich auf relativ kleinem Raum. Es kommt zu unwetterartigen Regenfällen. Diese sind besonders gefährlich, wenn sich die Regenwolken kaum oder gar nicht von der Stelle bewegen.
Lässt sich Starkregen vorhersagen?
Starkregen ist schwer vorherzusagen, weil er räumlich begrenzt auftritt. Oft lässt sich nur vorhersagen, dass das Wetter an einem bestimmten Tag in einer bestimmten Region zu Starkregen neigt (beispielsweise "Am Abend kann es im Sauer- und Siegerland zu Gewittern mit zum Teil unwetterartigen Regenfällen kommen..."). Wo genau ein Starkregenereignis eintritt, lässt sich nicht bzw. nur unmittelbar vor dem Ereignis vorhersagen. Nicht selten kommt es vor, dass in einem Ortsteil ein Starkregen niedergeht während angrenzende Ortsteile trocken bleiben.
Werden Starkregenereignisse in Zukunft öfter auftreten?
Starkregenereignisse gab es schon immer. Durch den Klimawandel und die damit einhergehende globale Erderwärmung ist jedoch davon auszugehen, dass es zukünftig auch im Siegerland häufiger zu außergewöhnlichen Starkregenereignissen kommt.
Was unterscheidet Starkregen von Hochwasser?
Die betroffenen Gebiete bei einem Hochwasser liegen nah an den über die Ufer tretenden Gewässern. Sie lassen sich verhältnismäßig gut eingrenzen oder sind durch vergangene Ereignisse bekannt. Starkregen kann dagegen praktisch überall auftreten. Im Gegensatz zu einem klassischen Hochwasser, was sich mehrere Stunden oder Tage im Voraus ankündigt und recht genau vorhergesagt werden kann, hat Starkregen sehr kurze Vorwarnzeiten. Während Hochwasserereignisse typischerweise nach starken Regenfällen und Tauwetter im Winter auftreten, kommt Starkregen vor allem in den Sommermonaten vor.
Was sind die Folgen von Starkregen und welche Schäden können auftreten?
Bei Starkregen kommt es zu wild abfließendem Oberflächenwasser sowohl auf befestigten als auch auf unbefestigten Flächen wie beispielsweise landwirtschaftlich genutzten Flächen. Das bedeutet, es fällt in kurzer Zeit so viel Regen, dass das Wasser nicht schnell genug versickern oder in die Kanalisation gelangen kann.
Bei seltenen oder extremen Starkregenfällen ist die Kanalisation überlastet und kann kein Wasser mehr aufnehmen.
Durch Starkregen können die Gewässer ansteigen und über die Ufer treten. In allen Fällen kommt es zu Überflutungen. Regenwasser und Schlamm können große Schäden an Gebäuden sowie Infrastruktureinrichtungen hinterlassen. Sowohl die Einrichtung (Möbel, Hausrat, Waren, Maschinen etc.) als auch die Gebäudesubstanz selbst (Vernässung, Schimmel, etc.) können in Mitleidenschaft gezogen werden. Möglich ist auch das Aufschwimmen von Öltanks mit der Gefahr, dass Öl unkontrolliert austritt. Öltanks sollten daher gegen Auftrieb gesichert sein, da es ansonsten zu Umweltschäden kommen kann.
Welche Bereiche und Objekte sind bei Starkregen besonders gefährdet?
Bei Starkregen besteht eine besondere Gefährdung für die folgenden Bereiche:
• Grundstücke in Geländesenken,
• Grundstücke am Hang oder an abschüssigen Straßen (hier kann es zu wild abfließendem Oberflächenwasser mit hohen Fließgeschwindigkeiten kommen),
• besonders dicht besiedelte Stadtteile mit hoher Bodenversiegelung,
• Grundstücke in der Nähe von Gewässern.
Bei Starkregen besteht eine besondere Gefährdung für die folgenden Objekte:
• tiefliegende bzw. unterirdische Räume oder Infrastrukturen, in die das Wasser bei Starkregen eindringen kann (beispielsweise Souterrainwohnungen, Keller, Tiefgaragen, Unterführungen),
• Objekte in Bereichen ohne ausgeprägte Bordsteinkante (hier kann wild abfließendes Oberflächenwasser auf das Grundstück und in die Gebäude eindringen),
• tiefliegende Räume in Gebäuden ohne Rückstausicherung.
Achtung! In tiefliegenden Räumen ohne Rückstausicherung besteht auch bei weniger starken Niederschlägen oder trockenem Wetter eine Überflutungsgefahr. Eine Rückstausicherung ist Pflicht. Die technischen Regelwerke (DIN EN 752, DIN EN 12056, DIN 1986 Teil 100) und die Abwassersatzung der Gemeinde Neunkirchen schreiben vor, dass alle Entwässerungseinrichtungen unterhalb der Rückstauebene gegen Rückstau gesichert sein müssen.
Das können Sie als Bürger:in gegen die Folgen von Starkregen tun:
Die Vorhersage der genauen Lokalität dieser Starkregenereignisse ist schwierig, deshalb können potentiell viele Bereiche der Gemeinde Neunkirchen betroffen sein. Zur Schadensminderung ist neben kommunalen Vorbeugungsmaßnahmen vor allem das Engagement der Immobilienbesitzer gefragt, welche ihr Objekt bestmöglich sichern sollten. Gemäß einer Analyse des Umweltbundesamtes kann durch eine geeignete Bauvorsorge an Wohngebäuden das Schadenspotenzial durch Starkregenereignisse um fast 40 Prozent gemindert werden.
Präventionsmaßnahmen:
Stark gegen Starkregen (Lippeverband)
Die Verbraucherzentrale NRW berät zum Schutz vor Starkregen:
Schutz vor Starkregen (Verbraucherzentrale NRW)
Ungeachtet der Vorkehrungen der gemeindlichen Entwässerung und anderer kommunaler Akteure sind auch die privaten Haus- und Grundstückseigentümer:innen dafür verantwortlich, Elementarschäden wirksam zu minimieren.
Auch der „Leitfaden Starkregen - Objektschutz und baulichen Vorsorge" (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung) vermittelt wertvolle Hinweise.